Zugegebenermaßen: Eigentlich fährt Toyota in Le Mans ein Rennen gegen sich selbst. Daher rücken andere Fragen in den Mittelpunkt. Beispielsweise: Knackt der japanische Hersteller den Distanzrekord auf dem Circuit de la Sarthe? Und bei den Privatiers? Entreißt SMP Racing an diesem Wochenende Rebellion Racing die Führungsrolle?
Sofern man nicht allerlei Anstrengungen unternimmt, das asymmetrische Kräfteverhältnis zwischen Toyota und den perspektivlos hinterher hastenden Privatiers abzuleugnen, muss man einräumen: Der Konstrukteur aus Fernost und seine Kölner Einsatzmannschaft fahren ein Rennen gegen sich selbst. Mithin ist das TMG-Gespann selbst auch sein einziger Gegner, welcher den turmhohen Favoriten am längsten Tag des Jahres zu besiegen vermag.
Und das in zweierlei Hinsicht: Einerseits muss sich Toyota anschicken, keinerlei Fehler oder Unvorsichtigkeiten zu begehen, um nach der eintägigen Distanz komplikationsfrei ans Ziel zu gelangen. Andererseits schwebt eigentlich nur die Frage im Raum, welche der beiden Besatzungen letzten Endes den Gesamterfolg bei den 24 Stunden von Le Mans für sich reklamiert. Wer streckt am Sonntagnachmittag die Siegertrophäe empor?
Die Tabelle der Supersaison führen im Augenblick Sébastien Buemi, Kazuki Nakajima und Fernando Alonso an, welche auch den Triumph bei der vorjährigen Auflage des Traditionsrennens im Département Sarthe erfochten. Verteidigt das Trio also seinen Titel im Nordwesten Frankreichs und krönt den Gewinn der Langstrecken-WM mit einem weiteren Sieg? Oder nehmen José María López, Kamui Kobayashi und Mike Conway Revanche?
Nicht einmal zehn Runden fehlten zum Bestwert
Man könnte nun spitzzüngig einwerfen, Toyota präferiere einer der beiden Ausgänge aus Vermarktungsgründen. Solch ein Einwand ist allerdings bloß eine Mutmaßung, wenngleich sich dem ein oder anderen Skeptiker ein Verdacht aufnötigen könnte. Nichtsdestoweniger: Unter rennsportlichen Gesichtspunkten stellt sich de facto lediglich die Frage, in welcher Reihenfolge die Toyota-Athleten das Stockerl ersteigen. C’est tout. Es sei denn am long, long jour geschieht Unvorhergesehenes.
Nun, gewärtigt man also solch eine Ereignislosigkeit, muss man den Gesichtskreis vergrößern. Zum Beispiel: eine In-Blick-Nahme der Statistiken. Als sich Toyota im vergangenen Jahr seines Le-Mans-Fluches ledig machte, reihte sich der Nippon-Großautobauer sogleich auch auf Platz fünf der Siegerliste ein – geordnet nach der zurückgelegten Strecke. Nicht einmal einhundertdreißig Kilometer fehlten letzten Endes zum Distanzrekord auf dem Circuit de la Sarthe – also etwa neuneinhalb Umläufe.
Ebenjene Führungsposition in den Statistikbüchern hat wiederum Audi seit mittlerweile neun Jahren inne. In der Saison 2010 bewältigten Mike Rockenfeller, Romain Dumas und Timo Bernhard mit dem Audi R15 TDI Plus eine Distanz von exakt 5 410,713 Kilometern. Ja, den Distanzrekord hält ein Selbstzünder, ein Feinstaub produzierender Dieselprototyp, kein futuristischer Hybrid. Den Einsatz koordinierte übrigens Joest Racing, das unter dem Namen Audi Sport North America firmierte.
Text: Maximilian Graf | Sportscar-Info
Bild: Joao Filipe | Adrenal Media