Ob im Simracing oder auf der realen Rennstrecke: Greift Ayhancan Güven ans Lenkrad eines Rennwagens, ist er kaum zu stoppen. Nach Titeln in der Porsche GT3 Cup Challenge Benelux und dem Porsche Carrera Cup France stellt sich der Porsche-Junior dieses Jahr der Konkurrenz im deutschen Carrera Cup. Im Interview spricht der 23-jährige Youngster von Phoenix Racing über Anfänge im Kart, eine Esports-WG und die Rolle seiner Familie.
Ayhancan, dieses Jahr absolvierst du deine Debütsaison im deutschen Carrera Cup. Warum hast du dich für diesen Schritt entschieden?
Die Porsche-Markenpokale sind die perfekte Plattform, um als talentierter Fahrer den nächsten Schritt zu machen. Hier entscheiden die Leistungen der Piloten über den Ausgang eines Rennens. 2017 habe ich mein Debüt in der Porsche GT3 Cup Challenge Benelux gefeiert, ein Jahr später wurde ich Champion. Dazu konnte ich auch zweimal den französischen Carrera Cup gewinnen und die Rookie-Wertung im Porsche Mobil 1 Supercup.
Du hattest schon als Kind Benzin im Blut. Wann hast du mit Motorsport begonnen?
Mein Vater ist ein sehr leidenschaftlicher Amateurrennfahrer und über ihn bin ich auch zum Motorsport gekommen. Als Fünfjähriger saß ich zum ersten Mal in einem Kart, ein Jahr später bin ich die ersten Rennen gefahren. Ich bin auf Anhieb Go-Kart-Champion von Istanbul geworden und wurde neben mehreren Podiumsplätzen 2010 türkischer Meister im Kart. Als ich elf Jahre alt war, habe ich eine Pause eingelegt und das Kartfahren nur als Hobby betrieben.
Was hast du stattdessen gemacht?
Ich bin Simracing gefahren und habe viele Podiumsplätze in verschiedenen Meisterschaften geholt. Dabei ist mir klargeworden, dass ich meine Leidenschaft zu meinem Beruf machen und Profi-Rennfahrer werden will. Deshalb bin ich wieder auf die realen Rennstrecken zurückgekehrt und in den GT-Sport gewechselt. 2015 habe ich die Volkicar V2 Challenge gewonnen und die GT Academy World als Dritter beendet. Mein Durchbruch war der Gewinn des Race of Champions in der Türkei 2016.
Trotzdem bist du weiterhin virtuell am Start – und das richtig erfolgreich!
Vergangenes Jahr habe ich gemeinsam mit Porsche-Werksfahrer Nick Tandy sowie den beiden Simracing-Profis Josh Rogers und Tommy Østgaard die GTE-Klasse bei den virtuellen 24 Stunden von Le Mans gewonnen. Das war großartig! Seit 2020 gehe ich virtuell für Coanda Simsport an den Start, eines der erfolgreichsten Teams auf der Plattform iRacing. Zuvor bin ich bereits fünf Jahre für das Team Redline gefahren. Damals unter anderem mit Formel-1-Pilot Max Verstappen.
Wegen Esports hast du sogar deinen Wohnort gewechselt, oder?
Um mich optimal auf das virtuelle Le-Mans-Rennen vorzubereiten, bin ich vergangenes Jahr in die Zentrale von Coanda Simsport ins deutsche Gronau gezogen. Josh Rogers, Mack Bakkum, Mitchell deJong, David Williams und ich haben täglich gemeinsam trainiert. Wir haben uns alle direkt super verstanden und seitdem wohne ich dort. Allerdings bin ich auch viel unterwegs.
Wie unterscheidet sich virtuelles und reales Rennfahren?
Beim SimRacing habe ich eine Menge gelernt, es ist aber körperlich nicht mit dem echten Rennsport zu vergleichen. In den Kurven oder beim Bremsen wirken keine Kräfte auf den Fahrer ein und man spürt den Speed nicht. Aber die Fahreigenschaften der Autos sind sehr ähnlich, die Strecken identisch und man kann seinen eigenen Stil entwickeln. Erfahrungen muss man aber im realen Rennauto sammeln, das ist entscheidend.
Welche Rolle spielt deine Familie?
Als Mentor ist mein Vater ungemein wichtig für mich. Meine ältere Schwester kümmert sich um meine Reiseplanung und unterstützt mich als ausgebildete Psychologin. Ihr Mann ist Fitness-Coach und trainiert regelmäßig mit mir. Einer meiner Cousins lebt in Berlin und betreut meine Social-Media-Kanäle sowie meine Website. Meine Karriere ist also zum großen Teil auch ein Familien-Business.
Text und Bild: Porsche Newsroom