Gute Performance, Rennpech, aber auch glückliches Ende für die Mercedes AMG GT3 von WINWARD Racing bei den CrowdStrike 24 Hours of Spa.
Mit einer großen Enttäuschung einerseits, aber auch großer Freude andererseits endete die Jahrhundertausgabe der „CrowdStrike 24 Hours of Spa” für das Team WINWARD Racing. Der 1924 erstmals ausgetragene Langstreckenklassiker auf der legendären Grand-Prix-Strecke in den belgischen Ardennen zählte neben dem „Fanatec GT World Challenge Europe Endurance Cup powered by AWS” einmal mehr auch zur Intercontinental GT Challenge, der inoffiziellen GT3-Weltmeisterschaft, in der die deutsch-texanische Mannschaft als Vertreter von Mercedes-AMG genannt war. Mit 67 Rennwagen von neun verschiedenen Marken galten die 24 Stunden von Spa auch in diesem Jahr als hochkarätigstes GT3-Rennen der Welt.
Das Endergebnis freilich entsprach nicht ganz den hohen Erwartungen der WWR-Truppe. Lucas Auer (29, Kufstein/Österreich), Maro Engel (38, Monaco) und Daniel Morad (33, Markham/Kanada) schieden im unter der Bewerbung des Mercedes-AMG Team MANN-FILTER laufenden Mercedes-AMG GT3 nach dominantem Beginn und einer ereignisreichen, von widrigen äußeren Bedingungen geprägten Nacht am frühen Sonntagmorgen aus. Tanart Sathienthirakul (31, Bangkok), Daan Arrow (20, Amsterdam) und Colin Caresani (20, Aerdenhout) verpassten im Schwesterauto von WINWARD Racing den möglichen Klassensieg in der Silver-Cup-Wertung für Fahrer-Besatzungen mit der FIA-Einstufung Silber, durften als Drittplatzierte aber immerhin aufs Siegertreppchen klettern.
Besonders groß war die Enttäuschung im Lager der „MANN-FILTER Mamba“. Dabei war der Auftakt zur Hatz zweimal rund um die Uhr wie nach Maß verlaufen. Bei bestem Wetter aus der ersten Startreihe losgefahren, brachte Lucas Auer den Mercedes-AMG GT3 mit der Startnummer 48 nach 26 Rennminuten mit einem beherzten Überholmanöver an die Spitze des imposanten Teilnehmerfeldes. Eine halbe Stunde später hatte sich der Tiroler bereits um mehr als fünf Sekunden von seinen Verfolgern abgesetzt, als ein Reifenschaden hinten links, verursacht vom Überfahren eines scharfen Karbonteils auf der Piste, eine wahre Achterbahnfahrt durchs Klassement einläutete.
Die Schleichfahrt zurück an die Box kostete rund eine halbe Minute, das Fahren im dichten Pulk in der Folge nochmal etwa gleich viel. Und als kurz nach dem nächsten Routinehalt der Mamba eine „Full Course Yellow“-Phase das Rennen verlangsamte und der Konkurrenz damit einen weit weniger zeitraubenden Boxenstopp ermöglichte, war der gelb-grüne MANN-FILTER-Bolide bis auf den 44. Rang zurückgefallen.
Mit konstant schnellen Rundenzeiten und einigen gelungenen taktischen Kniffen der WWR-Strategieabteilung kämpften sich Auer, Engel und Morad wieder bis in die Top 10 nach vorne, wobei die unterschiedlichen Boxen-Rhythmen der jeweiligen Fahrzeuge das Bild immer wieder verfälschten. Zumal das Rennen zwischen 23.00 und 01.45 Uhr hinter dem Safety Car neutralisiert werden musste, weil starke Regenfälle die 7,004 Kilometer lange Berg- und Talbahn regelrecht unter Wasser gesetzt hatten.
Als der Regen wenig später nachließ, entschied sich die WWR-Teamleitung zu einem frühen Wechsel auf profillose Slicks, um sich gegebenenfalls einen Boxenstopp zu sparen. Der Schachzug ging nicht auf, weil sich die Strecke erstens als noch zu nass erwies und Daniel Morad zudem bereits in der ersten Runde nach dem Restart von einem Konkurrenten im Heck getroffen wurde und mit einem weiteren Reifenschaden an die Box musste.
Somit erneut aus den Top-30 gefallen, machte sich die Mamba-Besatzung abermals an die Aufholjagd, die ziemlich genau um 05.00 Uhr morgens beim Passieren der La-Source-Haarnadel ein jähes Ende fand. „Hinter mir haben sich zwei Kontrahenten duelliert, wobei sich einer beim Anbremsen derart verschätzt hat, dass er mir voll ins Auto gefahren ist. Mir war sofort klar: Das war’s“, schilderte ein bitter enttäuschter Lucas Auer. „Es ist wirklich ein Jammer. Wir hatten ein richtig schnelles Auto, haben aber leider einige Rückschläge erlebt.“
Teamkollege Daniel Morad erkannte den ersten Reifenschaden als Auslöser allen Übels: „Es fühlt sich schrecklich an, ein siegfähiges Paket gehabt zu haben und jetzt mit leeren Händen dazustehen. Dem Rückstand, den wir uns durch den frühen Plattfuß eingehandelt haben, sind wir irgendwie immer hinterhergelaufen. Wir haben absolut alles gegeben. Aber so läuft dieses Spiel eben manchmal.“
„Es ist einfach nur schade“, befand Maro Engel. „Das Team WINWARD hat uns an diesem Wochenende ein unfassbar gutes Rennauto hingestellt. Es hat unglaublich viel Spaß gemacht, mit der Mamba auf dieser Strecke zu fahren. Es war einfach nicht unser Rennen. Mit dem Reifenschaden begannen die Schwierigkeiten, die uns das ganze Rennen über begleitet haben. Solche Tage gibt es nun einmal. Wir richten den Blick nach vorne und schöpfen Motivation aus einer sehr starken Performance an diesem Wochenende.“
Starke Vorstellung der Silver-Cup-Junioren
Die Kohlen für die WINWARD-Truppe holte die im Silver Cup gemeldete Crew im Mercedes-AMG GT3 mit der Startnummer 57 aus dem Feuer – auch wenn sie ebenfalls nicht von Pech verschont blieben. Von der Pole-Position in ihrer Klasse (gesamt Startplatz 29) ins Rennen gegangen, mischten Colin Caresani, Daan Arrow und Tanart Sathienthirakul stets im Kampf um die Podestplätze mit, wobei vor allem die beiden jungen Niederländer mit Top-Zeiten glänzten. Der große Rückschlag ereilte das Trio morgens um 8.35 Uhr nach rund zwei Renndritteln in Form einer gebrochenen Frontsplitter-Halterung. Der Austausch des Splitters kostete zwölf Minuten und alle Chancen auf den Klassensieg.
Dennoch gaben Caresani/Arrow/Sathienthirakul nicht auf und kreuzten die Ziellinie nach 24 harten Rennstunden bei widrigen Bedingungen auf dem dritten Rang im Silver Cup. „Es ist so schade, weil wir dieses Rennen locker hätten gewinnen können“, seufzte Arrow. „Nach einem guten ersten Stint war die größte Schwierigkeit in der Nacht, während der ewig langen Safety-Car-Phase nicht einzuschlafen. Und als die dann endlich vorbei war, wechselte das Rennen vom langweiligsten zum absolut spannendsten und furchteinflößendsten, das man sich vorstellen kann. Die Sicht war katastrophal, die Strecke extrem rutschig. Wie das Problem am Frontsplitter entstanden ist, kann ich gar nicht sagen. Auf jeden Fall ist es natürlich frustrierend, wenn einem der mögliche Klassensieg so durch die Finger rinnt.“
Landsmann Caresani fasste das Rennen ähnlich zusammen: „Die Nacht war extrem schwierig und herausfordernd. Zwischendurch gab es ein extrem heftiges Gewitter und Aquaplaning bei Tempo 60. Die Lichtspiele am Himmel waren atemberaubend. Insgesamt aber lief es sehr gut, wir hatten ein sehr schnelles Auto und eine gute Pace. Schade, wir hätten das Zeug dazu gehabt, unsere Klasse hier zu gewinnen. Aber es war auch ein tolles Gefühl für mich, unseren Mercedes-AMG GT3 letztlich auf Rang 3 ins Ziel steuern zu dürfen.“
Für Sathienthirakul waren die 24 Stunden von Spa „das wohl aufregendste und härteste Rennen, das ich je gefahren bin. Der starke Regen in der Nacht und der extreme Verkehr auf dieser anspruchsvollen Strecke waren eine echte Herausforderung. Es war phasenweise ein echter Blindflug. Andererseits hat es aber auch einen Riesenspaß gemacht! Und der Podestplatz entschädigt für alle Widrigkeiten.“
WINWARD Racing Teamchef Christian Hohenadel kommentierte die turbulenten Ereignisse des Wochenendes mit der Gelassenheit des erfahrenen Ex-Rennfahrers und Teamchefs: „Ein 24-Stunden-Rennen hat seine eigenen Gesetze. Ein gutes Gesamtpaket alleine genügt nie. Du brauchst auch eine ordentliche Portion Glück, um im richtigen Moment am richtigen Ort das Richtige zu tun. Wir haben vieles richtig gemacht, was der Podestplatz für unsere Junioren beweist. Die Jungs haben einen tollen Job gemacht. Für Luggi, Maro und Daniel tut es mir sehr leid. Sie haben sich absolut nichts vorzuwerfen, auch am Einsatz der Boxencrews hat es wie immer nicht gefehlt. Aber am Ende hat es einfach nicht sollen sein.“
Zeit zum Ausruhen bleibt für Auer, Engel und die Mannschaft aus Altendiez indessen nicht. Bereits am kommenden Wochenende steht auf dem Nürnberger Norisring das vierte Rennwochenende der DTM-Saison 2024 auf dem Programm. Zwei Wochen später geht die „Fanatec GT World Challenge Europe powered by AWS“ zunächst mit dem Sprint-Cup-Wochenende in Hockenheim sieben Tage darauf mit dem Endurance-Cup-Rennen auf dem Nürburgring weiter.
Text: WINWARD Racing