Motorsport ist manchmal gnadenlos: Ein schleichender Plattfuß 70 Minuten vor dem Ende hat ROWE RACING nach einem großen Kampf bei der 100‑Jahre‑Jubiläumsausgabe der 24 Stunden von Spa um den möglichen zweiten Platz gebracht. Der deutsche BMW M Werksfahrer Max Hesse musste dadurch mit dem #998 BMW M4 GT3 den eigentlich geplanten letzten Boxenstopp um eine Runde vorziehen. Weil er danach seine maximale Fahrzeit im letzten Stint überschritten hätte, musste er zweieinhalb Minuten vor Schluss noch ein zusätzliches Mal die Box ansteuern. Dadurch fielen er, der Brite Dan Harper und der Brasilianer Augusto Farfus nach einer mitreißenden Aufholjagd noch auf den sechsten Platz zurück und verpassten um Haaresbreite den insgesamt sechsten Podiumsplatz der schon dreimal siegreichen Mannschaft aus St. Ingbert bei ihren zehnten Start in Spa. Die Vorjahressieger Philipp Eng aus Österreich, Marco Wittmann aus Deutschland und Nick Yelloly aus Großbritannien hatten den #98 BMW M4 GT3 schon am Samstagabend nach etwas mehr als drei Stunden wegen eines Druckverlusts im Kühlwasserkreislauf abstellen müssen.
Danach ruhten alle Hoffnungen auf dem Schwesterauto mit der #998, das schon beim Saisonstart der GT World Challenge Europe in Le Castellet den Sieg gefeiert hatte. Nach ersten Regenfällen am frühen Abend hatten sich Routinier Augusto Farfus und die beiden „jungen Wilden“ Dan Harper und Max Hesse erstmals bis auf den dritten Rang nach vornegearbeitet. Im Anschluss warfen ein unglücklicher Verlauf einer der zahlreichen Safety‑Car‑Phasen und eine Durchfahrtstrafe nach dem Übersehen einer roten Ampel an der Boxenausfahrt das Trio weit zurück und zwischenzeitlich sogar aus der Führungsrunde heraus. Bei lange Zeit schwierigen Witterungsbedingungen – rund um Mitternacht war das Rennen sogar für rund zweieinhalb Stunden wegen heftigen Regens hinter dem Safety Car neutralisiert – kämpfte sich die #998 wieder nach vorne. Vor allem Dan Harper machte am frühen Sonntagmorgen viele Plätze gut, als er bei nachlassendem Regen als erste Fahrer auf Trockenreifen auf die Strecke ging und zeitweise mehr als zehn Sekunden pro Runde gut machte.
Im Laufe des Vormittags hatte sich das ROWE RACING‑Trio in der Spitzengruppe festgesetzt und führte das Feld lange Zeit sogar an. In der Schlussphase konnten sie dem anziehenden Tempo des #51 Ferrari und des letztlich siegreichen #7 Aston Martin nicht mehr ganz Schritt halten und steuerte zunächst auf Rang drei zu. Das große Pech der Ferrari‑Crew, die durch ein in der Boxengasse gestrandetes anderes Fahrzeug den möglichen Sieg verlor, spülte Schlussfahrer Max Hesse zunächst wieder auf Platz zwei vor. Doch dann schlug das Pech auch bei ROWE RACING noch zu. Wegen eines schleichenden Plattfußes musste Max Hesse eine Runde früher als ursprünglich geplant seinen letzten Reifenwechsel absolvieren. Da er dadurch aber in seinem letzten Stint die maximal erlaubte Fahrzeit von 62 Minuten und gerade einmal eine Minute überschritten hätte, musste er in der vorletzten Runde noch ein weiteres Mal an die Box und kam am Ende statt als Zweiter letztlich auf Rang sechs ins Ziel. Nur ein eventuelles weiteres Safety Car hätte seine maximale Fahrzeit noch einmal verlängert, kam aber nicht mehr.
Hans-Peter Naundorf, Teamchef ROWE RACING: „Dieses Rennen war eine unfassbare emotionale Achterbahnfahrt, die dem Team und den Fahrern alles abverlangt hat. Wir haben eine große Show geboten und gezeigt, dass wir leistungsfähig sind, auch wenn wir am Ende dafür nicht belohnt worden sind. Glückwunsch an das BMW M Team WRT für den Podestplatz bei ihrem Heimspiel. Alle BMW Fahrzeuge haben einen bravourösen Job gemacht und die Marke würdig vertreten. Zeitweise lagen drei BMW in den Top-4 dieses außergewöhnlichen Rennens. Für uns war es sehr bitter, wegen eines schleichenden Plattfußes, der genau eine Runde zu früh passiert ist, am Ende ein hart erkämpftes, scheinbar greifbares und verdientes Podium noch zu verlieren. Nach dem frühen Ausfall unserer Titelverteidiger im #98 BMW M4 GT3 wegen eines technischen Defektes, dessen Entstehung wir noch genauer untersuchen müssen, und zwei Rückschlägen für das Schwesterauto hat sich die Crew des #998 BMW M4 GT3 in der Nacht und den frühen Morgenstunden bei teilweise widrigsten Wetterbedingungen beeindruckend wieder nach vorne gekämpft. Wir hatten den Fahren einige schwierige Aufgaben gestellt und bei der Reifenwahl einige mutige Entscheidungen getroffen, die sich ausgezahlt und uns zurück bis ganz an die Spitze des Feldes gebracht haben. Unser Team war eine fantastische Einheit und hat super funktioniert, sonst wäre eine solche Leistung nicht realisierbar gewesen. Darauf können wir stolz sein und versuchen, trotz der ersten großen Enttäuschung die positiven Dinge mitzunehmen, um beim nächsten Mal wieder unser Bestes zu geben.“
Augusto Farfus (#998 ROWE RACING BMW M4 GT3): „Das ist eine bittere Pille. Es war ein schweres Rennen, aber wir haben es gut umgesetzt. Am Ende waren wir auf Podestkurs, haben aber 64 Minuten vor dem Ende einen Plattfuß erlitten. Wäre dieser eine Runde später gekommen, hätten wir es bis zum Ende geschafft. Wegen der Regularien mussten wir aber noch einmal an die Box fahren. Manchmal kann dieser Sport brutal sein.“
Dan Harper (#998 ROWE RACING BMW M4 GT3): „Es ist sehr hart, das hinzunehmen nach den großen Anstrengungen vom gesamten Team. Natürlich war es nicht schön, dass das Schwesterauto früh aufgeben musste. Danach lag der Fokus auf unserem Team. Es lief sehr gut, am Ende konnten wir die Pace vom Aston Martin und dem Ferrari nicht ganz mitgehen. Aber wir lagen auf Kurs für Platz drei, nach dem Pech des Ferrari sah es sogar nach Rang zwei aus. Aber dann hatten wir ebenfalls kein Glück – und so läuft das manchmal. Wir können einfach stolz darauf sein, welchen Job wir gemacht haben. Wir haben einmal mehr gezeigt, wie stark wir in Sachen Strategie sind. Ich möchte mich bei BMW bedanken – und wir greifen im nächsten Jahr wieder an.“
Max Hesse (#998 ROWE RACING BMW M4 GT3): „Das war ein spannendes Wochenende. Das Team und wir haben einen super Job gemacht bei allen Wetterbedingungen. Nach dem Plattfuß musste ich um eine Minute am Ende nochmal reinkommen und dadurch haben wir Platz zwei verloren. Das tut weh. Für Platz sechs gibt es wenigstens noch ein paar Punkte, und von mir noch einen Glückwunsch an die WRT-Jungs nach Belgien und München.“
Philipp Eng (#98 ROWE RACING BMW M4 GT3): „Leider ist es bei unserer Titelverteidigung nicht gut für uns gelaufen. In der Anfangsphase haben wir bei den Boxenstopps immer etwas Zeit verloren. Dann musste ich einem Unfall vor mir ins Kiesbett ausweichen. Es ging zunächst normal und ohne Anzeichen eines Problems weiter, aber wenige Runden später bekam ich einen Wasserdruck-Alarm. Wir haben festgestellt, dass der Kühler einen Schaden hatte, der aber sicher nichts mit meinem Ausritt zu tun hatte. Was genau passiert ist, müssen wir noch klären. Alles in allem hätten wir uns natürlich eine schönere Rückkehr an den Ort unseres Sieges vor einem Jahr gewünscht.“
Text: ROWE Racing